Nr | Deutscher Text |
0 | Goldige Gegend Goldwaschen im Napfgebiet Während sich Abenteurer in Nordamerika und Australienvom Traum des sagenhaften Reichtums packen liessen, vergass man rund um den Napf nach und nach, dass auch hier einst Gold gewaschen wurde. Doch das Interesse am Gold flackerte immer mal wieder auf. In der Wirtschaftskrise 1929 hoffte man, mit Arbeitslosen gewinnbringend nach dem edlen Metall suchen zu können. In den 1970er Jahren untersuchte eine Geologin den Goldgehalt in den Napfbächen wissenschaftlich und trug damit zu einem Wiederaufleben der Goldsuche bei. Heute ist Goldwaschen rund um den Napf ein beliebtes Hobby – und sogar eine Wettkampfdisziplin. Die hier gezeigten Objekte gehören zur Sammlung Goldkammer. |
1 | Wettwäsche Goldwaschen als Wettkampfdisziplin 1974 kamen ein paar finnische Goldwäscher auf die Idee, sich im sportlichen Wettkampf zu messen. In Tankavaara in finnisch Lappland organisierten sie den ersten Goldwaschwettbewerb. Drei Jahre später erhoben die Finnen ihren Wettkampf zur Weltmeisterschaft, die sie jährlich durchführten. Die erste Weltmeisterschaft ausserhalb Finnlands fand 1982 im österreichischen Heiligenblut am Grossglockner statt. Seit 1984 werden auch Europameisterschaften ausgetragen. Für die erste Schweizermeisterschaft gründeten hiesige Goldwäscher die Schweizerische Goldwäschervereinigung. 1989 liessen sie die erste nationale Meisterschaft in Hergiswil am Napf stattfinden; 1993 fand in Willisau die Weltmeisterschaft und 2016 in Burgdorf die Europameisterschaft statt. |
2 | Pfannenmeister Ruedi Steiner lernt Werkzeugmacher, studiert Psychologie und arbeitet als Berufsberater. Und noch in einer Sache wird der Luzerner «Profi»: als Goldwäscher. 1977 reisen Steiner und sein Vater ins finnische Tankavaara an die ersten Weltmeisterschaften im Goldwaschen. Ruedi Steiner wäscht so schnell Gold, dass er Gold gewinnt: Er wird erster Goldwasch-Weltmeister der Amateure. Später wird er Profi – und gleich noch zweimal Weltmeister: 1982 in Heiligenblut in Österreich und 1984 in Dawson City in Kanada. Doch «Profi-Goldwäscher» ist nichts, was der Berufsberater seinen Klienten und Klientinnen als Beruf empfehlen könnte: «Profi» heisst bei den Goldwäscherinnen und Goldwäschern, wer zum zweiten Mal an einer Meisterschaft teilnimmt. Und treu bleibt Steiner auch seinem allerersten Beruf: Er entwickelt sein «Berufs»-Werkzeug gleich selber. Die «Steiner-Pfanne» gilt zu Steiners Zeit als schnellste Goldwaschpfanne der Welt. |
3 | Ruedi Steiners Siegertrophäe für seinen Profi-Titel in Heiligenblut 1982. |
5 | Zeitungsartikel zur Goldwasch-WM in Heiligenblut, 1982, aus Steiners Sammlung. In welcher Zeitung der Artikel erschien, lässt sich nicht mehr eruieren. |
6 | Von Ruedi Steiner entwickelte Goldwaschpfanne. Die Pfanne hat flachere Seitenwände als die herkömmlichen amerikanischen Metallpfannen. Zwischen Boden und Seitenwand hat Steiner zudem einen Absatz eingefügt. |
8 | Striktes Prozedere Goldwaschen hat viel mit Glück zu tun, aber im Wettkampf soll der oder die Beste gewinnen – nicht, wer zufällig am meisten Glück hat. Das Wettkampfprozedere ist deshalb streng geregelt: Alle Teilnehmer erhalten gleich viel Sandgemisch, dem je gleich viele Goldflitter beigemischt sind – wie viele es sind, weiss nur die Wettkampfjury. Es gilt, sie alle so schnell wie möglich zu finden. Gekämpft wird in mehreren Runden mit Viertelfinal, Halbfinal und Final – wie im richtigen Sport. Immerhin, bei aller reglementarischen Strenge: Cowboyhüte und Gummistiefel verbreiten ein wenig Abenteuer-Atmosphäre. |
9 | Goldwaschpfanne für Wettkämpfe aus Holz. Beim Wettwaschen sind heute flache Pfannen beliebt. Die Wettkämpfer und -kämpferinnen stellen sie oft selber aus Holz oder Kunststoff her. |
10 | In solchen Glasröhrchen (Phiolen) übergeben die Wettkämpfer und Wettkämpferinnen die gefundenen Goldflitter der Jury. |
11 | Das internationale Wettkampfreglement umfasst sechzehn Seiten und gilt auch bei nationalen Wettkämpfen. |
12 | Goldmedaillen verschiedener Schweizermeisterschaften im Goldwaschen. |
13 | Goldmedaille der Weltmeisterschaft in Willisau 2003. |
14 | Goldmedaille der Europameisterschaft in Burgdorf 2016 |
15 | Standarte der Schweizerischen Goldwäschervereinigung. Die Vereinigung hat sich gegründet, um Wettkämpfe zu organisieren. |
16 | Rotweinflasche als Preis an den 1.Schweizermeisterschaften im Goldwaschen in Hergiswil bei Willisau, 1989. |
17 | Die Urkunde bestätigt die Teilnahme an den 1.Schweizermeisterschaften im Goldwaschen. |
18 | Mit wenig zufrieden Goldwaschen als Freizeitbeschäftigung Der Traum von sagenhaftem Reichtum beseelte Goldsucher, die die Gold-Rushs in Nordamerika und Australien auslösten. Wer in der Schweiz Gold sucht, hat bescheidenere Ziele: Er oder sie will aus möglichst vielen Bächen ein paar selbst gewaschene Goldflitter besitzen. So entdeckten Goldwäscherinnen und Goldwäscher im späten 20. Jahrhundert Gold in vielen Schweizer Bächen, von denen man nicht gewusst hatte, dass sie Gold führen. Die Eldorados – für schweizerische Verhältnisse – liegen aber, wie seit alters bekannt, im Napfgebiet und in der Surselva bei Disentis. Goldwaschen ist hier auch ein touristisches Angebot. |
19 | Aus dem Bilderbuch Müsste man einen Goldsucher fürs Bilderbuch zeichnen – man zeichnete ihn vielleicht so, wie Ferdinand Bösch aussah: Lange Haare, langer Schnauz, Lederhut, Gurt und Ledergilet – dazu eine selbstgedrehte Zigarette im Mund und das Werkzeug des Goldsuchers in der Hand. Bösch ist Fotograf und arbeitet für berühmte Künstler wie Salvador Dalí oder Christo in New York, als er in den 1950er Jahren in Kalifornien Gold zu suchen beginnt. Seine Goldwasch-Exkursionen führen ihn von den USA nach Finnland, Taiwan, Österreich – und schliesslich zurück in sein Heimatland, in die Schweiz. Hier durchstreift er auf der Suche nach Gold das Napfgebiet – und hat dabei mitunter heimliche Begleitung spionierender Kollegen. Immer für Extravaganzen zu haben, lässt er sich vom Zahnarzt eine Goldkrone aus selbst gesuchtem Napfgold einsetzen. 2000 stirbt er 84-jährig. |
20 | Diese kleine Waschschleuse aus Aluminium baute sich Ferdinand Bösch, da er oft mit dem Rucksack unterwegs war. |
21 | Bösch arbeitete mit einer «Steiner-Pfanne», an der er zusätzliche Rillen anbrachte, um eine bessere Ausbeute zu erreichen. |
22 | Ledergürtel mit Gürtelschnalle, Lederhut und eine hölzerne Tasse begleiteten Ferdinand Bösch beim Goldwaschen. |
23 | Ferdinand Bösch als Leiter eines Goldwasch-Kurses 1991. |
24 | Zertifikat, das die Herkunft von Ferdinand Böschs Goldkrone bestätigt. |
25 | Unedel reizvoll Wer sucht, der findet – nicht immer, wonach er gesucht hat. In Bächen sammelt sich über die Jahre und Jahrhunderte auch so einiges an, was weniger edel ist als Gold. Dinge gehen verloren oder werden weggeworfen, der Zahn der Zeit nagt, der Rost frisst an ihnen … Manches, was Goldsucherinnen und Goldsucher finden, ist zwar nicht edel, hat aber seinen eigenen Reiz. Besonders häufig sind Nägel, Münzen, Besteck – sowie Hufeisen. |
26 | Bei der Goldsuche gefundene Gegenstände. |
27 | Bölsterli im Glück Hunderte Stunden steht der Winterthurer im Fluss. Im August 1997 erfüllt sich, wovon so viele, die sein Hobby teilen, höchstens zu träumen wagen: Peter Bölsterli wäscht Gold am Vorderrhein, als er im steinigen Ufergelände ein paar Steine umbeigt. Da lacht es ihn an – ein grosses Nugget puren Goldes. Ein grösseres hat in der Schweiz niemand gefunden: Es ist 15 Millimeter dick, 30 Millimeter breit, 62 Millimeter lang und wiegt 123,1 Gramm! |
28 | Waschmann Wie Gold waschen, wenn man nirgends eine Pfanne bekommt? Toni Obertüfer liest 1977 in der Zeitung Berichte von Ruedi Steiners Weltmeistertitel im Goldwaschen. Das will er auch ausprobieren – aber er hat keine Pfanne. Kurzerhand zweckentfremdet der 26-Jährige eine Auto- Radkappe und findet damit sein erstes Gold. Aber dabei will er es nicht bewenden lassen: Wenig später eröffnet Obertüfer in Hergiswil bei Willisau einen Laden und verkauft, wonach des Goldwäschers Herz begehrt. Bis zu seinem Tod 2016 führt er Schulklassen zum Goldwaschen durch das Napfgebiet. Damit ist er der erste Schweizer, der das Goldwaschen zu seinem Beruf macht. |
29 | Toni Obertüfers erste Goldwaschpfanne: eine Radkappe. |
30 | Bestellkarte aus den Anfängen von Obertüfers Goldwasch-Shop, 1990. Später wuchs das Sortiment beträchtlich. |
31 | Prospekte von Obertüfers Goldwasch-Shop. |
32 | Das Diplom bestätigt einen «hochkarätigen Fund» an einem von Toni Obertüfers Goldwaschkursen. |
33 | 1995 belegte der Bundesrat auf seiner «Schulreise» einen Goldwaschkurs bei Toni Obertüfer. Auf dem Bild Bundesrätin Ruth Dreyfuss, Bundespräsident Kaspar Villiger und Vize-Bundeskanzler Achille Casanova, nebst Obertüfer. Präsident Villiger bedankt sich artig. |
34 | Kirchturmspitze und Geologie Aus der Geschichte des Napfgoldes In den zahllosen goldreichen Bächen rund um den Napf haben arme Leute seit alten Zeiten Gold gewaschen. Wirtschaftlich ergiebig war das nie, und die Tradition geriet mehr oder weniger in Vergessenheit. Und doch versuchten immer wieder Leute ihr Glück. Im späten 19.Jahrhundert erhielt der Kirchturm von Heimiswil ein Kreuz aus einheimischem Waschgold. Während der Wirtschaftskrise schickte der Kanton Bern Arbeitslose zum Goldwaschen in die Seitenbäche der Emme. 1973 doktorierte die Geologin Katharina Schmid über den Goldgehalt der Bäche im Napfgebiet. Als die Medien über ihre Forschungen berichteten, gab dies, noch bevor die Dissertation fertiggestellt war, dem Hobby des Goldwaschens neuen Auftrieb. Und immer wieder fielen Gutgläubige auf Geschichten vom ganz grossen Goldvorkommen herein. |
35 | Aus der Region für die Region 1883 braucht der Kirchturm zu Heimiswil einen neuen Helm. Die Kirchgemeinde will sich nicht lumpen lassen: Die Turmspitze soll ein goldglänzendes Kreuz bekommen – vergoldet mit Gold aus der Region. Der exklusive Auftrag geht an Johann Friedrich Neukomm. Der Goldschmied hat in Burgdorf eine Dynastie begründet: Vier Generationen Neukomm-Goldschmiede gab es seither. Gebürtig 1830 in Langenthal, weilt Johann Friedrich für seine Gesellenjahre in Frankreich, bevor er sich 1857 als Goldschmied in Burgdorf niederlässt. Die Heimiswiler Kirchturmspitze glänzt noch heute. Das Gold stammt aus der Grüene bei Sumiswald. |
36 | Der Heimiswiler Kirchturm mit der vergoldeten Spitze. |
37 | Heinrich Rottensweiler: Johann Friedrich Neukomm (1830-1891), Gold- und Silberarbeiter und Filigranist. Farbzeichnung, 1859. |
38 | Johann Friedrich Neukomms Wanderbuch. In solchen Wanderbüchern hielten wandernde Handwerksgesellen die Stationen ihrer Walz fest. |
39 | Silberlöffel und Trachtenbrosche von Johann Friedrich Neukomm. Als Silber- und Goldarbeiter stellte Neukomm Silberlöffel und Goldringe mit Haareinlagen her. Für die Herstellung der Trachtenbrosche brauchte er zusätzlich eine Ausbildung als Filigranist. |
40 | Ehering von Johann Friedrich Neukomm mit Haareinlagen. |
41 | Kein Schatz Sechs Aargauer erfahren 1975 aus verlässlicher Quelle, wo in neun Metern Tiefe ein grosser Goldschatz liege. Sie gründen die Einfache Gesellschaft für Goldprospektion am Goldbach und beginnen, einen Stollen zu sprengen. 400 Gönnerinnen und Gönner unterstützen das Unternehmen. Ob sie selber an ihren Goldschatz glauben? Jedenfalls – man wird es vermuten – finden sie ihn nicht. Bergmännisch nach Gold zu suchen hat am Napf keinen Zweck: Im Nagelfluhfels gibt es keine Goldadern, und Piraten, die ihre Goldschätze vergraben, kommen in dieser Gegend doch eher selten vorbei. |
42 | Ansteckknöpfe zum 20-Jahre-Jubiläum des Abenteuers. |
43 | Waschanlage und Stollen der Schatzsucher am Goldbach, 1970er Jahre. |
44 | Beschäftigungsprogramm Richtig gelohnt hat sich das Goldwaschen am Napf zwar nie. Doch als 1929 in New York die Börse crasht und die Weltwirtschaftskrise auslöst, ändert sich die Lage. Arbeit ist jetzt billig, denn viele sind arbeitslos – knapp hingegen ist das Geld. Das jedenfalls sagt sich der Bündner Christian Killias und schlägt vor: Lassen wir Arbeitslose nach Gold suchen! Der Berner Regierungsrat ist gewillt, die Idee zu prüfen und lässt bei Trubschachen zur Probe waschen. Die lokalen Zeitungen berichten hoffnungsvoll. Die Arbeitslosen arbeiten unter Killias’ Anleitung und mit einem von ihm entwickelten Waschapparat. In drei Wochen waschen sie sechs Gramm Gold. Das bringt magere 30 Franken ein, während die Spesen sich auf 200 Franken belaufen. Der Regierungsrat bricht den Versuch ab, Killias verduftet – und der Wirt vom Bahnhofsbuffet Trubschachen bleibt auf unbezahlten Rechnungen sitzen. |
45 | Christian Killias mit einem Arbeitslosen an seinem Waschapparat. |
46 | Mit solchen hölzernen Stiefeln wateten die Arbeitslosen durch den Bach im Chrümpelgraben. |
47 | Ein Arbeitsloser beim Goldwaschen im Chrümpelgraben, 1930er Jahre. |
50 | Altes Gold neu entdeckt Um 1970 erwacht das Interesse an der Goldwäscherei neu. Im Napfgebiet ist der Konditor Robert Maag (1922–2019) der erste, der wieder Gold zu waschen beginnt. Er hat in der Zeitung von einer Forscherin gelesen, die den Goldgehalt in diesen Bächen untersucht. 1972 findet er sein erstes Gold in der Grossen Fontanne, einem Seitenbach der Kleinen Emme im Entlebuch. Für das unwegsame Gelände entwickelt er eigens einen tragbaren Waschapparat, als Pfanne nutzt er eine Aluminium-Teigschüssel aus seiner Konditorei. Maag wäscht genug Gold, dass er für seine Frau einen Anhänger aus Napfgold herstellen lassen und darüber hinaus mehrere Gold-Dukaten prägen kann. Zudem erforscht er die Geschichte der Goldgewinnung in der Schweiz und publiziert mehrere Fachartikel. |
51 | Goldwaschschleuse von Robert Maag, 1973. Maag kombinierte die Schleusenrinne mit einem beweglichen Sieb. |
52 | Robert Maag beim Goldwaschen in der Grossen Fontanne, 1972. |
53 | Plakat der Langenthaler Fasnacht 1973. Robert Maags Tätigkeit als Goldwäscher war Stoff für eine Schnitzelbank. |
54 | Robert Maag beim Goldwaschen in der Grossen Fontanne mit seiner Eigenbau-Goldwaschschleuse, 1973. |
55 | Golddukat aus Napfgold von Robert Maag, 1980. 3,5 Gramm, Feingehalt: 96,5%. Affination und Rondellenherstellung: Cendres et Métaux. Prägung: Franchioni. |
56 | Prägestempel für die Napfgold-Dukaten Robert Maags, 1980. Hergestellt von Franchioni. |
57 | Neuauflage eines Napfgold-Dukaten von Robert Maag, 1995. 3,5 Gramm, Feingehalt: 98,3 %. Affination und Rondellenherstellung: Cendres et Métaux. Prägung: Hidber. |
58 | 4 Gramm Waschgold aus dem Napfgebiet. Diese Menge benötigt man, um einen Waschgold-Dukaten von 3,5 Gramm zu prägen. Feingehalt des Waschgoldes: 96,3 %. |
59 | Waschgold 1 Hämelbach, Napfgebiet, Kanton Bern 2 Chrümpelgraben, Napfgebiet, Kanton Bern 3 Feistergrabe, Kanton Bern 4 Mülibach bei Lobsigen, Seeland, Kanton Bern 5 Aare bei Kiesen, Region Thun, Kanton Bern 6 Diessbach, Region Thun, Kanton Bern 7 Zulg, Region Thun, Kanton Bern 8 Rotache, Region Thun, Kanton Bern 9 Tscharbach, Surselva, Kanton Graubünden 10 Kemptner Tobel, Kanton Zürich 11 Kiesgrube, Genf 12 Kiesgrube bei Zell, Napfgebiet, Kanton Luzern |