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Das «rote Schloss» an der Night of Light 2020 © danielrohr.ch

Die Geschichte des Schlosses

Um die Ursprünge des Schloss Burgdorf rankt sich eine Sage, welche von Jeremias Gotthelf dichterisch ausgestaltet wurde. Beim Schlossfelsen soll ein schrecklicher Drache und eine zauberhafte Maid gehaust haben. Im Jahr 712 gelang es den mutigen Brüdern Sintram und Bertram das Untier zu erlegen und sie bauten eine Burg auf den Felsen. So weit die Sage: Die Gründung der Burg verlief anders, auch wenn wenig dazu bekannt ist. Gesichert ist nur, dass den Grafen von Rheinfelden in Burgdorf eine Burg gehörte, welche 1090 in den Besitz der Herzöge von Zähringen überging.

Um 1200 liess Herzog Berchtold V., der letzte Zähringer, zur Festigung seiner Herrschaft eine Reihe von Städten errichten, darunter Burgdorf und von hier aus Bern.

Im Zuge dieser Gründung wurde auch das Schloss neu gebaut und erhielt seine heutige Form mit Wohnturm (Palas), Wehrturm (Bergfried) und Halle. Das Schloss wurde mit dem damals in der Region unbekannten Baumaterial Backstein errichtet, war also rot und wirkte besonders majestätisch. In seiner Grosszügigkeit erinnert es an königliche Residenzen. Dies und die grosse vom Herzog geplante Stadtkirche lassen den Schluss zu, dass Burgdorf als Zentrum des zähringischen Burgunds gedacht war.

Nach dem Tod Berchtold V. im Jahr 1218 ging das Schloss an das Adelsgeschlecht der Kyburger über. Die Burg diente bis 1384 als gräfliche Residenz. Nach dem verlorenen Burgdorferkrieg 1383 mussten die Kyburger ihre Grafschaft Burgdorf an die aufstrebende Stadtrepublik Bern verkaufen. Mit dem Übergang an Bern zog ein bernischer Schultheiss aufs Schloss. Somit war aus der Adelsburg ein obrigkeitliches Schloss geworden. Unter bernischer Herrschaft erhielt es noch den einen oder anderen Um- und Ausbau, am Charakter des Bauwerks hat sich von 1200 bis heute aber nichts verändert.

Das Schloss Burgdorf gilt als die am besten erhaltene zähringische Burganlage und ist ein historisches Baudenkmal von nationaler Bedeutung. Es wird heute als Museum, Restaurant und Jugendherberge mit städtischem Zeremonielokal und Festsaal genutzt.

Die wichtigsten Daten

Um 1200
Ende des 12. Jahrhunderts gründeten die Herzöge von Zähringen die Stadt Burgdorf und liessen an Stelle einer hochmittelalterlichen Festung ein repräsentatives Residenzschloss auf dem Sandsteinfelsen an der Emme errichten.

1218 – 1383
Das Grafenhaus Kyburg beerbte das ausgestorbene Zähringergeschlecht, bezog seinen Herrschaftssitz in Burgdorf und erweiterte Schlossanlagen und Stadt. 1383 musste es die Grafschaft Burgdorf an Bern verkaufen.

1384 – 1798
Die aufstrebende Stadtrepublik Bern installiert auf dem Schloss einen bernischen Schultheissen. Im 15. bis 18. Jahrhundert nahm der Staat Bern bauliche Änderungen an der Schlossanlage vor. In dieser Epoche wurden z. B. der Torturm neu errichtet, die grosse zähringische Halle unterteilt sowie die Wohn-, Verwaltungs- und Ökonomiebauten den Zeitbedürfnissen angepasst.

1800 – 1804
Nach dem Untergang der Alten Eidgenossenschaft 1798 stand die Burg leer, so dass der Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi in der Zeit der Helvetik Schulinstitute auf Schloss Burgdorf betreiben und seine schriftstellerische Tätigkeit entfalten konnte.

1804 – 2012
Nach der Rückkehr zur alten Ordnung nutzte der Kanton Bern das Schloss für Verwaltungszwecke. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren Regierungsstatthalteramt, Gericht und Regionalgefängnis auf dem Schloss untergebracht. 1886 Der Rittersaalverein Burgdorf eröffnet im Schloss ein historisches Regionalmuseum und vergrössert stetig seine Sammlung von kulturhistorisch interessanten Objekten

2000
Im Wehrturm wird das Helvetische Goldmuseum eingerichtet, als erste Institution dieser Art in der Schweiz.

2001
Das seit 1909 in Burgdorf bestehende Museum für Völkerkunde bezieht neue Ausstellungsräume im Schloss.

2012
Auszug der kantonalen Verwaltung aus dem Schloss infolge der kantonalen Verwaltungsreform.

2017
Die Umnutzung in ein offenes Schloss mit Museum, Jugendherberge, Restaurant und Trauzimmer beginnt.

2020
Wiedereröffnung des Schloss Burgdorf als «Schloss für alle».

Schloss Burgdorf bei den Top 25Schloss Burgdorf ist im Katalog der 25 wichtigsten Burgen und Schlösser der Schweiz und des Fürstentums Lichtenstein verzeichnet: PDF-Auszug. Der Band «Zeugen vergangener Macht und Herrschaft» kann bestellt werden beim Schweizerischen Burgenverein.

Archäologische Funde beim Umbau 2017-2022Beim Umbau des Schloss Burgdorf konnten auf dem Schlosshügel prähistorische Spuren gefunden werden. Eindrückliche Gruben und Siedlungsreste aus der Bronzezeit zeigen, dass der Felsen schon lange vor dem Burgenbau genutzt wurde. Kurzbericht im Jahrbuch Archäologie Bern 2019 (PDF)

Die Zähringer

Das schwäbische Fürstengeschlecht der Zähringer ist mit den Staufern verwandt und nannte sich seit Ende des 11. Jahrhunderts nach seiner Burg Zähringen bei Freiburg im Breisgau. Stammsitz der Zähringer ist die Limburg bei Weilheim an der Teck. Sie wurde von Berchtold I. (um 1000-1078) erbaut. Die Zähringer expandierten gegen Westen und später in den Süden. Heute bilden zwölf Städte in Süddeutschland und der Schweiz die Zähringerstädte. Deren Zusammengehörigkeit reicht in die Gründungszeit der meisten Städte zurück. Allen ist gemeinsam, dass sie zum Besitztum der Herzöge von Zähringen gehörten. Eine einheitliche Rechtssprechung und die Verleihung von zahlreichen Rechten an die einzelnen Orte kennzeichneten die Regierung der Zähringer über ihre grossen Ländereien. Dies war für jene Zeit fortschrittlich.

Die Zähringerstädte heute

Die zwölf Zähringerstädte sind heute untereinander vernetzt, wollen das kulturelle Erbe ihrer Vorfahren bewahren und es auf lebendige Art weiter vermitteln. Es sind dies die Städte Bern, Bräunlingen, Burgdorf, Freiburg i. Breisgau, Fribourg, Murten, Neuenburg am Rhein, Rheinfelden, Sankt Peter im Schwarzwald, Thun, Villingen-Schweningen und Weilheim an der Teck. Herzog Berchtold V. war der letzte Zähringer und Bauherr des Schloss Burgdorf, der am besten erhaltenen zähringischen Burganlage. Künftig werden die Zähringer und generell der Alltag im Mittelalter auf Schloss Burgdorf eine grosse Rolle spielen. Dank den preiswerten Übernachtungsmöglichkeiten in der Jugendherberge können Schulklassen über mehrere Tage im authentischen Rahmen sinnlich Geschichte erfahren. Dafür sorgen die Gruppenangebote des Museums.

Mehr über die Zähringerstädte erfahren

Video «Archäologische Funde auf Schloss Burgdorf» (6 Minuten)

Video «Rundgang durch das Schloss Burgdorf» mit Mittelalterarchäologe Armand Baeriswyl (28 Minuten)

 

Video «Der Schiltensaal von 1686» mit ehemaligem Denkmalpfleger Jürg Schweizer (8 Minuten)

Literaturhinweise

Zum Schloss und seinen Erbauern:

  • Schweizer, Jürg: Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern. Landband I, Die Stadt Burgdorf. Bern, Basel, 1985. Online abrufbar unter: https://www.digibern.ch/katalog/die-kunstdenkmaeler-des-kantons-bern
  • Dendorfer, Jürgen; Krieg Heinz und Regnath R. Johanna (Hrsg.): Die Zähringer. Rang und Herrschaft um 1200. Ostfildern, 2018.
  • Zotz, Thomas: Die Zähringer. Dynastie und Herrschaft. Stuttgart 2018.

Zu den Museumssammlungen:

  • Aeschlimann, Trudi. Der Rittersaalverein und sein Schlossmuseum, in: Burgdorfer Jahrbuch 2021, S. 109-114. Erhältlich bei Druckerei Haller & Jenzer
  • Museum für Völkerkunde (Hrsg): Auf Glas gebannt. Die fotografische Sammlung des Burgdorfer Weltreisenden Heinrich Schiffmann (1872-1904). Burgdorf, 2006. Erhältlich im Museumsshop.
  • Thomsen, Hans Bjarne; Gruber Marion R. Gomez Morilla; Herren Anna (Hrsg.): Entdeckerlust. Burgdorfer Sammlerpersönlichkeiten und ihre ostasiatischen Schätze. Zürich, 2017. Online abrufbar unter: https://doi.org/10.5167/uzh-151627
  • Winzenried, Max: 100 Jahre Rittersaalverein, 100 Jahre Schlossmuseum, in: Burgdorfer Jahrbuch, 1987, S. 131-194. Online abrufbar unter: https://www.digibern.ch/katalog/burgdorfer-jahrbuch

Zum Thema Wunderkammern:

  • Demeulemeester, Thijs: Wunderkammer. Eine Reise zu exotischen Kuriositäten-Sammlungen. München, London, New York, 2018.