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Deutscher Text
Erstes Schlosstor
Ein Graben und eine Mauer umgaben einst das Schloss und die Häuser des Alten Marktes. Bis ins 16. Jahrhundert stand hier das erste Tor mit der Inschrift BERCHTOLDUS DUX ZERINGIE QUI VICIT BURGUNDIONES FECIT HANC PORTAM (Berchtold, Herzog von Zähringen, der die Burgunder besiegt hat, hat dieses Tor gemacht)
Die Inschrift zeugt von Berchtolds Anspruch: Als Sieger über den Adel in der Westschweiz baute er um 1200 das Schloss aus und machte es zum südlichsten Sitz seines Reiches.
Alter Markt
Als die Zähringer um 1200 die Stadt Burgdorf gründeten, bestand neben der Burg bereits eine Siedlung: der Alte Markt. Hier standen turmartige Häuser von Gefolgsleuten der Burgherren. Das Haus Alter Markt 6 enthält noch Mauerteile von solchen Wohntürmen.
Hier an der Westseite des Schlossbergs fanden Archäologen im Boden Grundmauern der mittelalterlichen Häuser. Die Betonmauern zeigen an, wie massiv sie gebaut waren. Die Häuser schützten das Plateau an der Hangkante. Ihre Erbauer bezeugten mit den Steinbauten ihren Rang.
Alter Markt
Burg und Alter Markt um 1260.
Oberer Graben, Wehrmauer und Brücke
Hier, wo der Schlossberg wenig steil ist, brauchte es eine umso stärkere Befestigung. Der obere Graben und die Wehrmauer darüber sind die frühesten Wehrbauten. Sein volles Ausmass erhielt der Graben im 13.Jahrhundert.
Damals überspannte eine Holzbrücke den Graben. Die heutige Steinbrücke besteht seit dem 16.Jahrhundert. Eine Zugbrücke verstärkte das Tor. Der Blick von hier lässt erahnen, wie massiv das Schloss befestigt war.
Mittelalterliche Wehrmauer
Die Wehrmauer gehört zu den ersten Befestigungen: Sie reicht von einem Felsabsturz zum anderen. Der westliche Teil beim Bergfried stammt spätestens aus der Zeit um 1200. Den östlichen Teil liessen die Grafen von Kyburg nach 1260 bauen. Ihr Quaderwerk aus Tuff und Sandstein wirkt noch heute wehrhaft.
Die vorspringenden Türme waren eine wehrtechnische Neuheit: So konnte die Besatzung die Burg mit Bogen und Armbrust seitwärts verteidigen. Der rechteckige Vorsprung ganz hinten war ein Torturm. Er sollte den bestehenden Zugang ersetzen, nötigte er doch allfällige Angreifer, einen weiten Weg längs der Wehrmauer zu gehen. Später verzichtete man auf diesen Zugang.
Mittelalterliche Wehrmauer
Torturm um 1300
1 Torturm mit hölzerner Zugangsrampe.
2 Entlastungsbogen für das Portal, seit 1885 Fenster.
3 Abtritthäuschen.
Promenade
Ein aufgeschütteter Wall begrenzt den Schlossgraben aussen. Im 18. Jahrhundert liessen die Schultheissen darauf einen Spazierweg anlegen und Bäume pflanzen. Aus dem Schloss gelangte man durch eine neu durchbrochene, heute vergitterte Tür zwischen Tor- und Rundturm auf die Promenade hinunter. Der Pavillon aus dem Jahr 1760 war einer von Johann Heinrich Pestalozzis Lieblingsorten beim Schloss.
Zugbrücke
Eine Zugbrücke überwindet das innere Drittel des Grabens. Ein einzelner Wächter konnte die Brücke bei einem Angriff hochziehen, so dass sie das Tor zusätzlich verschloss. Unter den Balken der Zugbrücke liegt ein Gegengewicht, mit dessen Hilfe sich die Zugbrücke bewegen lässt.
Diesen Zugbrücken-Mechanismus richteten die Berner 1585 ein. Das Schutzdach und der Schacht stammen noch von damals. Die beweglichen Holzteile musste man alle 25 Jahre ersetzen; letztmals 1747. Danach füllte man den Graben auf und die Zugbrücke verlor ihren Zweck. Die heutige Zugbrücke ist eine Rekonstruktion aus Stahl. Die seitliche Tür links war wohl als Einlass für Einzelpersonen geplant.
Zugbrücke
Grabenbrücke und Zugbrückengehäuse
1 Torturm, 1560.
2 Zugbrückengehäuse mit der Tür für den Fussgängersteg.
3 Gegengewichtsschächte.
4 Rekonstruierte Zugbrücke. Die offene und die geschlossene Position der Brücke sind angedeutet.
5 Steinpfeiler aus dem 14. Jahrhundert.
6 Brückenbogen, 1581.
Armsünderweg und ältester Sodbrunnen
Dieser Pfad führte vom Schloss hinab und aussen an der Stadtmauer vorbei. Vom 14. bis ins 18.Jahrhundert gingen die zum Tode verurteilten «armen Sünder» auf diesem Weg vom Schlossgefängnis zum Richtplatz auf dem Galgenbühl, dem heutigen Schönenbühli.
An der Hangkante bei der Wegkurve ist der älteste Sodbrunnen der Burg in den Fels gehauen. Sein Schacht reicht 25 Meter tief bis zum Grundwasser. Das ist nur die halbe Tiefe des jüngeren Brunnens in der Vorburg. Vielleicht hatte der Brunnen einen hölzernen Turmaufbau. So hätte sich das Wasser per Seilwinde in die Vorburg hinauf ziehen lassen.
Sodbrunnen
Auf einem Berg gibt es weder Quellen noch Bäche. Doch ohne Wasserversorgung ist eine Burg nicht bewohnbar. Der Schacht dieses Sodbrunnens ist bis zum Grundwasser 48 Meter tief in den Fels gehauen. Er versorgte das Schloss vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert mit Trinkwasser. Seit dem 16. Jahrhundert erleichterte ein Tretrad das Hochziehen des Wassers. Ein Häuschen schützte das Rad vor Verwitterung. Der erste Sodbrunnen steht auf halber Höhe des Schlossbergs am Armsünderweg.
Seit der Frühzeit der Burg sammelten ausserdem Zisternen das Regenwasser von den Dächern. Kies und Sand in den Zisternen filterten das Wasser: So war es weniger trüb und blieb länger frisch.
Palas, Bergfried und Torturm
Burgdorfs Wahrzeichen ist das Turmpaar seines Schlosses: Bergfried (der Wehrturm) und Palas (der Wohnturm), beide um 1200 von Berchtold V. von Zähringen erbaut. Der Torturm hat einen auffällig gewölbten oberen Rand: Dort standen Kanonen zur Verteidigung. Die Wehrmauer verbindet Torturm und Bergfried.
Den Schlosshof erreicht man durch insgesamt drei Tore. Zum obersten Tor in der ehemaligen Wehrmauer zwischen Bergfried und Palas ging es steil bergauf. Wagen konnten das Tor nur mühsam passieren. Deshalb liessen die Berner die Zufahrt tiefer in den Fels hauen und das Tor zwei Meter absenken.

Palas, Bergfried, Torturm
Schnitt durch den Torturm
1 Burgtor mit Zugbrücke.
2 Gewölbe als Kanonenplattform.
3 Loch, um Kanonenrohre und Munition hochzuziehen.
4 Abnehmbares Dach.
Panoramabild
5 Torturm, 1560.
6 Wehrmauer, vor 1200, mit Wehrgang, um 1500.
7 Bergfried, um 1200.
8 Wehrmauer mit oberstem Tor, um 1200.
9 Palas, um 1200.

Schloss Burgdorf im Panorama
Der Bergfried steht auf dem höchsten Punkt des Schlossbergs. Von hier aus lässt sich alles überblicken: die Wehrmauer, die Vorburg, die Tore und der Alte Markt. Der Bergfried hatte keine Fenster und war nicht bewohnbar. Allfällige Angreifer hätte man von den Zinnen aus bekämpft.
Der vierstöckige Palas hingegen war ein Wohnbau.  Seine prächtigen Säle zeugen von der Macht der Erbauer. Hinter dem Kreisfenster liegt die kleine Schlosskapelle. Der Treppenturm erschliesst vom Hof her die oberen Etagen. Der Bau links neben dem Palas war einst eine grosse Halle.
Schloss Burgdorf im Panorama
1 Vorhalle Gefangenenwärterhaus, 1972.
2 Halle, um 1200.
3 Palas, um 1200.
4 Treppenturm, 16. Jahrhundert.
5 Verbindungsbau zwischen Palas, Bergfried und neuem Logement, 1780, angelehnt an die alte Wehrmauer.
6 Bergfried, um 1200.
7 Neues Logement, 1730.
8 Kornhaus, 1749.
Die Bauetappen von Schloss Burgdorf
11. oder 12. Jh: Gründung der Burg der Rheinfelder. Von dieser Burg ist nichts erhalten.
um 1200: Die Zähringer lassen ihre Burg als Residenz bauen: Das noch heute dominierende Bild des Schlosses entsteht: Bergfried, Palas, Halle und Wehrmauer stammen aus dieser Zeit.
um 1250/1270: Kyburgische Verstärkung und Verschönerung: neue Ringmauer mit Türmen, Margarethenkapelle. Bau der Vorhalle, die Halle erhält zusätzliche gotische Fenster.
um 1430: Die neuen Berner Burgherren ersetzen das riesige Dach des Palas und jenes des Bergfrieds.
1540: Die Halle wird in Kornhaus (Erdgeschoss) und vier grosse Zimmer für die Schultheissenwohnung (Obergeschoss) unterteilt.
1559: Neuer Torturm in der Vorburg.
1580: Neuer Treppenturm am Palas.
1616: Kornhaus im Nordosten.
1729: Neues Logement.
1749: Abbruch aller Anbauten an der Wehrmauer und Bau des Grossen Kornhauses.
1780: Verbindungsbau zwischen Bergfried und Palas.
1860: Einbau des Assisensaals.
1885: Einbau des neuen Gefängnisses in den Bögen des Kornhauses (abgebrochen 2018). Restaurierung des Rittersaals und Eröffnung des Museums.
1907: Gerichtslokale im Erdgeschoss der Halle.
2010-2012: Auszug der kantonalen Verwaltung.
2020: Neueröffnung des Schloss Burgdorf.
Kornhaus I
Im Schloss gab es seit dem Mittelalter Kornlager. 1749 bauten die Berner hier an der grossen Wehrmauer das Kornhaus. Damals zahlten die Untertanen ihre Steuern in Form von Getreide. Bern legte riesige Kornvorräte an, damit bei Missernten der Getreidepreis nicht explodierte und die Menschen nicht hungern mussten.
Im 19. und 20. Jahrhundert brach man zusätzliche Fenster aus der Mauer, um das Kornhaus für andere Zwecke zu nutzen. Das Relief in der Mitte der Fassade erinnert an die ursprüngliche Funktion des Hauses: Unten links zeigt es eine Getreidegarbe und ein Kornmass, rechts drei Kornsäcke. In der Mitte prangte einst das Bernerwappen. 1798 befahlen die französischen Besatzer, das Wappen abzumeisseln.
Kornhaus II
Das Kornhaus ist an die gekrümmte Wehrmauer angebaut. Bögen auf hohen Pfeilern gliedern die Fassade von 1749. Die Bögen sind so hoch, dass die Wagen mit Getreide hindurch fahren konnten. Die Balkendecke ist mit ihren kleinen Gewölben besonders tragfähig: Das Getreide lagerte auf drei übereinander liegenden Kornböden.
Manche Bögen waren zugemauert. So sah man von aussen nicht, was sich dahinter verbarg; etwa ein Ofenhaus mit Holzlager. Bis 2018 war im Erdgeschoss ein Gefängnis eingebaut.
Gerichtslinde
Schwere Verbrechen im Amt Burgdorf ahndete der Schultheiss: Er befragte Verdächtige und Zeugen. Wenn die Angeklagten nicht gestanden, liess der Schultheiss sie foltern. Ohne Geständnis war eine Verurteilung nicht möglich. Die Akten überwies der Schultheiss an den Rat in Bern, der das Urteil fällte.
Der Schultheiss verkündete das Urteil nach altem Brauch im Freien, unter dieser Gerichtslinde. Zum Tod Verurteilte traten hier ihren letzten Gang an – über den Armsünderweg zur Richtstätte auf dem Galgenbühl, dem heutigen Schönenbühli. Dort vollstreckte der Scharfrichter das Urteil.
Grosse Wehrmauer und neuer Torturm
Um 1260 waren die Kyburger oft in Kriege verwickelt. In dieser Zeit erneuerten sie den Ostteil der Wehrmauer. Die ganze Wehrmauer ist 115 Meter lang und reicht von einem Felsabsturz zum anderen. Sie ist bis zu zwei Meter dick und beschützt den Schlosshof wie ein Schild.
Die Grafen von Kyburg verstärkten die Wehrmauer mit diesem gegen aussen vorspringenden Torturm. Das neue Tor sollte sicherer sein als das bestehende. Dieser grosse Spitzbogen entlastet den Torbogen darunter. Er fasste ein Fallgatter, das bei Gefahr das Tor zusätzlich verschloss.
Die Berner gaben das kyburgische Burgtor wieder auf und nutzten den Torturm fortan als Gefängnis. Der Spitzbogen war ursprünglich vermauert. Erst 1885 brach man das Fenster aus, um Licht in das neue Gefängnis zu bekommen.Torturm und Ostabschnitt der Wehrmauer, um 1260
Das Tor führte in den östlichen Teil des Schlosshofs, der fünf Meter tiefer lag und später aufgeschüttet wurde.

Grosse Wehrmauer und Torturm
1 Bodenniveau um 1260.
2 Burgtor.
3 Heutiges Niveau Restaurant.
4 Heutige Decke Restaurant.
5 Entlastungsbogen, seit 1885 Fenster.
6 Fenster eines kyburgischen Anbaus.

Zwei in einem: Wehrmauer und Hauswand
Diese beiden Fenster in der Wehrmauer erhellten ab 1260 einen Innenraum. Bereits damals stand hier ein Haus. Die teilweise zugemauerten Löcher über den Fenstern trugen die Deckenbalken. Da, wo jetzt das Parterre ist, befand sich einst der erste Stock. Bis ins 17. Jahrhundert lag das Bodenniveau weiter unten. Diese tiefere Hälfte des Burgfelsens hiess «Drachenloch». Ein später ins Haus eingebauter Kamin hat die Wand stellenweise verrusst – das Feuer brannte oft. 1616 ersetzte ein Kornhaus das einstige Wohnhaus; seit 1749 steht das heutige Kornhaus hier.

Wehrmauer und Hauswand
Ostabschnitt der Wehrmauer mit Fenstern eines Hauses, um 1260.
1 Bodenniveau um 1260.
2 Seitenmauern des Hauses um 1260.
3 Balkenböden des Hauses um 1260.
4 Kamineinbau 14. oder 15. Jahrhundert.
5 Pultdach des Hauses, Annahme.

Ostturm
Als die Kyburger um 1260 die halbe Wehrmauer erneuerten, bauten sie diesen gegen aussen vorspringenden Mauerturm. Der Turm war zum Hof hin offen – was nicht nur Baumaterial sparte, sondern auch ermöglichte, in den Turm eingedrungene Feinde zu beschiessen. Solche offenen Mauertürme waren damals ganz neu.
Später erhielt der Turm doch noch eine Rückwand. Balkenlöcher belegen, dass er mehrere Stockwerke hatte. Zuoberst befand sich die Folterkammer. Dafür brauchte es ein neues Fenster, damit der Schreiber genug Licht bekam, um die Geständnisse der Gefolterten zu notieren.
Schiessscharte
Diese Mauer versahen die Grafen von Kyburg um 1260 mit einer senkrechten Schlitzscharte. Sie ist von einer spitzbogigen Schiesskammer umgeben. Die Schützen konnten von den Sitzbänken aus die Umgebung überwachen.
Als die Berner 1749 das Kornhaus bauten, brachen sie das heutige Fenster aus und mauerten die Schartennische zu. 1975 hat man sie wieder freigelegt.
Assisensaal
Hier tagte von 1859 bis 1997 das Geschworenengericht. Zwölf vom Volk gewählte Geschworene, so genannte Assisen, urteilten in diesem Saal bei schweren Verbrechen, ob der Angeklagte schuldig oder unschuldig sei. Der Kanton Bern hatte die öffentlichen Geschworenengerichte nach französischem Vorbild eingeführt. Zu diesem Zweck liess der Kanton den Assisensaal in den Ostflügel des ehemaligen Kornhauses einbauen. Er umfasst zwei der ursprünglichen Stockwerke. Grosse Fenster erhellen ihn. Die Tapete stammt aus den 1920er Jahren.
Grosse Schlosskapelle
Von der einstigen Schlosskapelle Sankt Margaretha ist ausser Spuren von Wandmalereien nichts mehr erhalten. Sie ersetzte um 1260 eine noch ältere Kapelle. Die Längsseite reichte von der Glastür bis zur Turmmauer. Ihre Fläche mass über hundert Quadratmeter.
An der Wand sind noch drei Bogenreihen mit Figuren mit Heiligenscheinen zu erkennen. Wahrscheinlich stammen diese Wandmalereien aus der Bauzeit. Nach der Reformation richteten die Berner in der Kapelle eine Bäckerei ein. Als sie 1749 das Kornhaus bauten, brachen sie die Kapelle ab.
Gotischer Torbogen
Dieses Spitzbogentor verband einst zwei Festräume: 1261 liessen die Grafen von Kyburg vor der Halle eine quadratische Vorhalle bauen. Sie war ähnlich gross wie der heutige Bau.
Die Halle selbst war doppelt so hoch wie heute und nicht unterteilt; sie war der grösste Saal im Schloss. Von der Vorhalle führte eine Freitreppe in die Halle. Heute erinnert nur noch dieser Spitzbogen an die aufwändige Ausstattung der Halle durch die Kyburger.
Backsteinmauer
Backstein war zur Römerzeit ein häufiges Baumaterial, das im Mittelalter aber in Vergessenheit geriet. Die Zähringer liessen um 1200 erstmals in der Schweiz wieder mit Backstein bauen: die Schlosstürme und die Halle. Vermutlich brachten Baufachleute aus Strassburg oder aus Oberitalien die nötigen Kenntnisse mit.
Dieser Mauerquerschnitt gibt Aufschluss über die Bauweise: Direkt über dem Fels besteht die Mauer aus Tuffstein. Feuchtigkeit, die vom Boden her aufsteigt, kann im Tuff besser verdunsten als in den kompakteren Backsteinen. Die Mauerschalen aus Backstein füllte man mit Kieseln, Tuffbrocken und Mörtel; Backsteinlagen durch die ganze Wand stabilisierten sie.
Das Schloss für alle
Wie das Museum auf den Felsen kam
1885 wollte der Kanton Bern neue Gefängniszellen in den prächtigen Rittersaal des Schlosses bauen. Geschichtsbegeisterte Burgdorfer protestierten dagegen und gründeten den Rittersaalverein. Sie konnten den Kanton von seinem Vorhaben abbringen und richteten im Saal eine Ausstellung mit «Alterthümern» ein.
Das Museum wuchs im 20. Jahrhundert beständig. Als 2000 im Bergfried das Untergeschoss frei wurde, entstand dort das Helvetische Goldmuseum. Bald darauf kam die Ethnologische Sammlung ins Schloss, die ihren Standort am Kirchbühl aufgeben musste.
Ab 2010 zogen das Regierungsstatthalteramt, das Gericht und das Gefängnis aus dem Schloss aus. 2020 öffnete das «Schloss für alle» die Tore: mit dem neu gestalteten Museum, der Jugendherberge, dem Restaurant und dem Zeremonielokal für Trauungen.
Rittersaal, Anfang 20. Jahrhundert
Der Rittersaal Anfang des 20. Jahrhunderts.
Die weiteren Stationen der Baugeschichte befinden sich im Museum (Kasse bei Haupteingang)
Wehrgang
Die ältesten Mauerteile des Schlosses finden sich in diesem Abschnitt der Wehrmauer: Sie entstanden wohl schon vor 1200. Nur hier sind Kieselsteine vermauert. Um 1400 setzten die Berner der Mauer eine Brustwehr auf. Zinnen boten Deckung beim Beobachten und beim Schiessen mit dem Bogen oder der Armbrust.
Als Feuerwaffen aufkamen, mauerte man die Zinnen zu. Die Schiessscharten von 1587 sind für Hakenbüchsen: Der Haken liess sich im unten eingesetzten Holz fixieren, um den enormen Rückstoss abzufangen.
Artillerieplattform
Um 1560 ersetzten die Berner den mittelalterlichen Torturm durch einen Geschützturm nach neuster Bauart. Zuoberst richteten sie eine Plattform für Kanonen ein. Ein Gewölbe (1) trägt das Gewicht der Geschütze. Durch die Öffnung (2) in der Mitte des Bodens liessen sich Kanonen und Kugeln heraufziehen.
Das Holzdach (3) wollte man im Kriegsfall abbauen, damit die Angreifer es nicht in Brand schiessen konnten. Dann hätte der Sandsteinboden das Dach gebildet und die Rinnen im Boden hätten ihren Zweck erfüllt: Sie münden in Regenspeier. So weit kam es zum Glück nie.

Artillerieplattform

Der rote Turm
Bis ins 18. Jahrhundert stand der Bergfried frei. Seither ummanteln Neubauten den Turmsockel. Hier ist ein Teil der äusseren Turmmauer sichtbar. Um 1200 hatten alle Bauten der Burg innen wie aussen solche unverputzten Backsteinmauern. Die roten Wände strahlten die Macht der Zähringer aus.
Ursprünglich erschloss ein Hocheingang mit Aussentreppe den Bergfried. Nach dem Anbau des neuen Verbindungsbaus brauchte es einen neuen Zugang zum Turm. Dafür brach man dieses Loch in die einstige Aussenmauer und baute eine Steintreppe ins Obergeschoss des Turms. An dieser Stelle zeigen sich die Backsteinmauern von innen: Sie sind mit Kieseln, Steinbrocken und Mörtel gefüllt.
Hocheingang
Diese Bogenpforte war einst der Eingang zum Bergfried. Man erreichte sie über eine hölzerne Aussentreppe. Der Verbindungsbau zwischen Bergfried und Palas schnitt 1780 diesen Zugang ab. Deshalb hat man das ebenerdige Tor aus der Bergfriedmauer gebrochen.
Der Bergfried galt als sicherster Ort der Burg. Der Turm verkörperte auch die Macht der Burgbesitzer. Erst im 19. Jahrhundert bezeichnete man solche Wehrtürme als «Bergfried».
Haspel (Seilwinde)
Der sieben Meter hohe Hohlraum zuunterst im Bergfried war nur über die heute verglaste Luke im Boden zugänglich. Man gelangte mit Hilfe eines Seils hinunter, das man von der Haspel wickelte: Das ist die ursprüngliche Bedeutung der Redewendung «jemanden am Seil hinunter lassen».
Seit 1800 erschliesst eine Tür diesen Hohlraum, der fortan als Lagerkeller diente. Lange Zeit glaubte man, dieser unterste Raum sei im Mittelalter das Verlies gewesen. Dafür gibt es jedoch keine Belege. In manchen Turmsockeln fanden sich Knochen. Vermutlich entsorgten die Bewohnerinnen und Bewohner hier ihre Abfälle.
Uhrwerk und Glocke
Bereits im 15. Jahrhundert zeigte eine Turmuhr den Menschen auf Schloss Burgdorf die Zeit an. Nach der Reformation von 1528 brachte man am Turm eine neue Uhr an.
Die Turmglocke ist hundert Jahre älter als die Uhr; sie hing ursprünglich in der Margarethen-Kapelle. Der Name des Giessers, Otto Rupler, und das Jahr 1426 sind auf der Glocke verewigt. Als «Armsünderglocke» läutete sie den zum Tode Verurteilten auf ihrem letzten Gang vom Schloss zur Richtstätte.
Zinnengeschoss des Bergfrieds
Der Bergfried war seit seiner Errichtung um 1200 mit einem Walmdach – vermutlich mit Ziegeln – gedeckt. Den jetzigen Dachstuhl erneuerten die Berner 1422. Ein Teil der Ziegel stammt noch aus jener Zeit. Der Turm trägt eine von Zinnen umgebene Wehrplatte. Von hier oben kontrollierten die Wächter Burg und Umland. Im Kriegsfall liess sich die Burg von den Zinnenfenstern aus mit Pfeilen und Steinen verteidigen.
Gegen Osten fallen hinter dem langen First des Kornhauses die Flühe gegen die Emme ab. Im Süden ragt das Palas-Dach empor. Der erste Hügel rechts, das Schönenbühli, war einst der Richtplatz. Nordwärts liegt der Alte Markt, ursprünglich begrenzt von der äusseren Burgmauer. Dahinter erstreckt sich linkerhand die Altstadt mit der Stadtkirche. Im Westen erhebt sich der Torturm.
Spätgotische Stubendecke
Als die Berner den Palas-Saal in drei Räume trennten, zogen sie um 1490 die tiefer liegende Decke ein. So liess sich die Stube besser beheizen. Friese mit geschnitzten Ranken verzieren die Ränder der Decke.
Vom fürstlichen Saal zur Wohnstube
Der ganze erste Stock des Palas war um 1200 ein Saal. Die Deckenbalken stammen vom ersten Bau; ebenso die Reste der Fenstereinfassungen aus Sandstein. Die Zeichnung zeigt die ursprünglichen Bogenfenster mit dem Kreisfenster dazwischen.
Vor 1500 richtete der Schultheiss hier seine Wohnung ein und liess den Saal dafür in diese Stube und in zwei weitere Räume unterteilen. Die Nische rechts der Fenster führte ins Aborttürmchen. Das war um 1575 Luxus: eine Toilette neben der Stube!
Vom fürstlichen Saal zur Wohnstube
Halle
Dieser Raum gehörte um 1200 zu einer 20 Meter langen Halle. Sie war doppelt so hoch wie der heutige Raum. Seit dem 16. Jahrhundert unterteilen ein Boden und Wände die Halle in zwei Stockwerke mit mehreren Zimmern. Einst erhellten hoch gelegene Rundbogenfenster den Saal.
Links vom Fenster ist ein Gewände aus Sandstein sichtbar, das zu einem ursprünglichen Fenster gehörte. Der Sandsteinbogen unten rechts vom heutigen Fenster ist Teil eines späteren Fensters aus kyburgischer Zeit.
Die Zeichnung zeigt, wie die Saalwand um 1270 aussah: Die oberen Fenster sind zähringisch, die unteren kyburgisch. Die Tür führte auf eine Latrine. Die Grisaille-Malereien schuf Hans Rudolf Grimm 1684.

Halle
…. Der heutige Raum.

Schiltensaal
Von 1384 bis 1798 wohnten im Schloss Berner Landvögte. Sie vertraten die Stadt Bern im Amt Burgdorf und nannten sich in der Tradition der Kyburger «Schultheissen». Sie zogen Steuern ein und sprachen Recht.
Weil ihnen die fürstlichen Säle zu gross und zu kalt waren, liessen sie 1544 einen kleineren, niedrigeren Saal bauen: den Schiltensaal. Er war mit Wappenschilden verziert. Alle Schultheissen verewigten sich hier mit Namen und Wappen. Ab 1689 trugen sie sich auf der erhaltenen Wappentafel ein.
Der Saal ahmte mit seinen Wappen und dem einstigen Kamin einen mittelalterlichen Rittersaal nach – bloss bequemer.Die Schultheissen empfingen hier Gäste, schlossen Verträge ab und vereidigten Beamte. 1686 bemalte Christian Stucki die Decke mit Blattranken und die Wände mit Bögen, die an eine römische Säulenhalle erinnern.
Grosser Gang
Dieser Gang gehörte um 1200 zu einer 20 Meter langen Halle. Der Holzboden unterteilt sie seit 1546 in zwei Etagen. Der damalige Schultheiss liess Wände einziehen, um für seine Wohnung vier zusätzliche Zimmer zu gewinnen. Neu ausgebrochene Fenster erhellten sie. An der Stirnseite des Gangs entstand ein neuer Eingang. Das Cheminée stammt von 1747.
Wappenfries der Schultheissen
Der Schiltensaal war ursprünglich grösser als heute. Diese bemalte Wand im Gang gehörte zum Saal. 2019 legten Spezialisten Spuren der einstigen Malerei frei. Jeder Schultheiss hat hier seinen Namen und sein Wappen aufmalen lassen. Gut sichtbar ist der Name Franz Nägeli. Er war von 1525 bis 1529 Schultheiss von Burgdorf.
Korridor
Der Korridor trennt Rittersaal und Kapelle und macht so die beiden Räume unabhängig voneinander zugänglich. Bis um 1650 erschloss eine halb vortretende Wendeltreppe gegenüber der heutigen Treppe den Korridor. In der Nische ist ein Rest der einstigen Treppe erhalten.
Ein Rundbogenfensterchen erhellte einst den Korridor; heute ist davon nur noch ein Stück sichtbar. Nach der Reformation lagerte im ganzen zweiten Stock des Palas Korn. Dafür riss man sämtliche Wände heraus. Die heutigen Korridorwände zeigen wieder den ursprünglichen Zustand.
Rittersaal
Der Rittersaal ist im originalen Zustand von 1200 erhalten – eine Seltenheit. Die Wände sind aus Sichtbackstein gemauert, zweiteilige Bogenfenster erhellen den Raum. Der Boden ist aus Mörtel gegossen und mit Ziegelmehl rot gefärbt. Das Holz für die Deckenbalken liessen die Zähringer im Winter 1200/1201 schlagen und gleich danach verbauen. Die Balken sind mit der Breitaxt zurechtgehauen.
Nur den riesigen Kaminhut rekonstruierte man 1973 nach seiner einstigen Grösse. Er ruht auf den originalen Säulen aus Neuenburger Kalkstein. Der Rittersaal ist der kleinste Saal im Schloss, er bot jedoch den grössten Komfort: Er war hell und beheizbar, und durch die später zugemauerte Tür gelangte man über den Wehrgang zur Latrine. Die Herzöge wohnten hier, wenn sie sich in der Gegend aufhielten. Seinen Namen erhielt der Rittersaal erst im 19. Jahrhundert.
Kapelle Sankt Johann
Die kleine Burgkapelle richteten die Zähringer nach 1200 unmittelbar neben ihren Wohnräumen ein. Hier verrichteten die Fürsten ihr privates Gebet. Das Kreisfenster befindet sich über dem einstigen Altar. Das Glasbild ist von 1887. Viel älter sind die Fresken: Seit der Zeit um 1340 schmücken Bilder aus dem Leben von Johannes dem Täufer und von Christi Leidensgeschichte die Wände.
Weitere beliebte Heilige sind ebenfalls porträtiert: etwa Christophorus, der Beschützer der Reisenden (denn Adelige waren stets unterwegs) oder Georg der Drachentöter, das Vorbild aller Ritter.
Das untere Drittel der Wand täuscht ein Tuch vor: Nägel scheinen den gemusterten Stoff an der Wand zu fixieren. Mittelalterliche Säle waren bei Festen oft mit solchen Stoffen ausgekleidet. Nach der Reformation diente der ganze zweite Stock des Palas als Kornlager – auch die Kapelle.
Palas-Dachstock
Hohe Walmdächer decken sowohl den Palas wie den Bergfried. Seit der Bauzeit um 1200 blieb die Dachform gleich; auch das Stadtsiegel von 1250 zeigt die beiden Türme so. Danach verfielen die Dächer.
Die neuen Herren aus Bern liessen um 1430 die Walmdächer wieder in ihrer alten Form errichten und mit Ziegeln decken, die in drei Farben glasiert waren. Die beiden Dacherker dienten als Wachthäuschen.
Einst war der imposante Dachstuhl in ganzer Höhe sichtbar. 1936 liess man ihn innen verschalen, um den Raum für das Museum besser nutzen zu können.